„Wie geht es dir?“
Fragt er mit seiner vollen, tiefen Stimme.
„Mir geht es gut“, antworte ich und fahre fort, „wenn ich dir erzähle, was mir in der letzten Zeit passiert ist, hältst du mich glatt für den neuen Münchhausen.“
„Lass dir Zeit, alter Freund, erzähl mir alles in Ruhe.“
Ich packe die Flasche aus und beobachte wie Jacques Augen dabei immer größer werden.
„Ein Léoville Barton, fantastisch“, ruft er laut aus.
Ich gieße uns beiden ein. Wir prosten uns zu und nehmen einen tiefen Schluck.
Der Wein ist wirklich ausgezeichnet.
Schwarze Kirsche, dunkle Lakritze. Brombeere, süße Maulbeere, intensive Veilchen- und Rosenblätter. Toller Schub, leichte Schoko-Note. Im Mund Saint-Julien-Klassik, 2011er Stilistik.
Etwas Kirschlikör, fantastische Säure und Länge, auf roter Johannisbeere laufend. Sauerkirsche, tänzelnd, voller Finesse. Trotzdem guter Körper.
Wir versinken beide in dieses flüssige Gedicht. Der Wein löst meine Zunge.
In der nächsten halbe Stunde erzähle ich über das Interview mit dem alten Kaiser. Ich schildere, wie ich nach Kyoto gereist bin und dort Kaito kennengelernt habe und beschreibe, wie es zu diesem verhängnisvollen Autounfall gekommen ist und wie ich Hals über Kopf zurück nach Tokio geflüchtet bin, wo ich den schrecklichen Mord an Kitano und seiner Sekretärin entdeckt habe.
Auch die Begebenheit mit Nina lasse ich nicht aus. Schließlich erkläre ich meinem Freund, wie ich mit am Flughafen in Tokio ein Ticket ergatterte und endlich in Paris ankam.
Zum Schluss spreche ich über den Inhalt der Speicherkarte.
Immer wieder schüttelt Jacques bei der Erzählung den Kopf, fuchtelt mit den Händen in der Luft herum, oder greift sich entsetzt stöhnend an den Hals.
„Wo sind die Bilder?“, fragt Jacques.
Ich krame mein Handy hervor und zeige sie ihm.
