Wie soll es weitergehen? Wo soll ich hin? Wo ist Nina? Ich muss irgendwo unbeobachtet die Micro-SD-Karte auslesen.
Natürlich gibt es keine Hotelzimmer, Gäste zu empfangen ist nicht erlaubt. Ich gehe zum Taxi und klopfe an das Fahrerfenster.
„Können Sie mich zu irgend einem Hotel fahren?“
Der Fahrer, ein stämmiger, älterer Mann mit einem grauen Schnurrbart und einer gelbgetönten Brille, hinter der sich blassblaue Augen verstecken, blickt auf und mustert mich misstrauisch von oben bis unten. In diesem Augenblick durchdringt ein schwacher Lichtstrahl den Himmel.
„Ein Hotel? Nein, aber so etwas ähnliches, wenn Sie Interesse haben“, murmelt er und blickt mich teilnahmslos an.
Ich überlege ein paar Sekunden und steige schließlich ein.
Wir fahren über die Autobahn in Richtung Paris. Am Stade de France bitte ich den Taxifahrer anzuhalten. Ich steige aus, um mir ein wenig die Beine zu vertreten. Früher gab es hier unglaubliche Fußballspiele mit den besten Mannschaften der Welt. Das Stadion ist im Moment eine Architekturleiche, verdeckt von Planen und Gerüsten. Es wird umfassend renoviert.
Wir fahren weiter, in der Ferne erkennt man schemenhaft den Eiffelturm . Es geht entlang an den prächtigen Stadtvillen, die sich heute im Dunst verstecken. Vorbei an den großen, ausgestorbenen Boulevards. Wir passieren den Montmartre, wo üblicherweise das Leben tobt, aber außer ein paar Gauklern lässt sich heute kaum jemand blicken.
Paris scheint gerade einen kollektiven Mittagsschlaf zu halten. Direkt vor dem Eiffelturm hält der Taxifahrer an.
„Steig aus“, sagt er bestimmt.
„Hier? Aber hier gibt es keine Hotels die für Gäste geöffnet sind“, entgegne ich trocken.
„Aussteigen bitte, es kommt jemand, der dir ein Quartier zeigt, die Fahrt kostet 350.“
„350?“, entgegne ich und ärgere mich, dass meine Stimme plötzlich unkontrolliert vom Diskant in den Bariton und wieder in den Diskant hüpft.
„Ja, 350, Paris war schon immer teuer, das weiß doch jeder“, sagt der Fahrer und schaut mich an, als ließe er sich gerade eine Thai-Massage verabreichen.