DIE GEHEIME BAYERN-SITZUNG

Totenstille im Auditorium.

Nagelsmann wie immer äußerst distinguiert gekleidet. Sein neuer indischer Schneider Benisha leistet ganze Arbeit. Fantastischer Sari aus reiner Seide, glänzt dezent in grün, feine goldene Bordüren.

Kimmich betritt den Raum, das unsichtbare Orchester spielt sogleich einen Trauermarsch.
Man serviert Schildkrötensuppe und Kaviar auf Blini, dazu reicht man ambraduftende Schokoladencreme.

Bedient werden die Bayernspieler von nackten Männern und Frauen in silbernen Pantoffeln und Strümpfen.

Serge Gnabry beschwert sich, dass der Absinth-Pudding zu warm ist. Nagelsmann wischt die berechtigte Kritik seines Stürmers mit einer Handbewegung imaginär beiseite.

Plötzlich steht Dorian Gray im Auditorium und äußert sich lauthals über die laufende Saison:

„Seit mindestens 50 Jahren das schlechteste was ich je von euch gesehen habe. Wenn das so weiter geht werde ich demnächst die Daumen für Union drücken müssen, ihr Arschlöcher.“

Nagelsmann schaut pikiert in die Luft, schnappt sich eine Flasche Heidsick Monopole und schüttet sich den Champus in die Kehle bis er sich in blubbernden Kaskaden über Hals und Kleidung ergießt.
Dabei schreit er hysterisch:
„Union, UNIOOON, Union, nein nein nein, nicht UNIOOOON.“

In einer Ecke reißt der Musiala dem Müller die Kleider vom Leib. Der kichert und sagt:

„Ach Jamal, hihi, och nöö, komm lass das, hihi, nicht hier, hohehe, nicht vor allen Leuten, komm lass uns woanders hingehen muss doch nicht jeder sehen.“ Die beiden verschwinden in der Herrentoilette.

Brazzo läuft mit einem vergoldeten Servierwagen, auf dem eine mannshohe Fürst Pückler Eisbombe liegt, hin und her. Die Bayernspieler bedienen sich reichlich. Das Orchester spielt jetzt Tango. Leon Goretzka und Leroy Sané bewegen sich zu den sublimen Klängen elegant auf dem Parkett. Von allen Seiten brandet tosender Applaus auf.

Die andern Bayernspieler nehmen sich ein Beispiel, bilden Pärchen versinken ganz im geheimnisvollen, zarten Tango-Rhythmus.

Bayern München tanzt sich in Ekstase.
Erst im Morgengrauen, als das Orchester müde ist, trennt man sich ganz beseelt.
Schließlich geht es für unsere Fußballhelden schon in wenigen Stunden mit dem Training weiter.

über den Autor

Mathias Guthmann

Mathias Guthmann schreibt für kulinarische und literarische Zeitschriften und den Schachsport.
Seine Essays und Kurzgeschichten, Kritiken und Interviews haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert.

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