Das Geheimnis des Präfekten, Kapitel 5

Am Ende bleibt uns nur ein Name. Das gilt für Gottesleugner und bigotte Religiöse, die meisten Religiösen sind bigott.
Zum Beispiel die Evangelikalen, sie lügen sich in die Tasche und denken, dass sie dabei eine Erfahrung erleben, die sie über alle anderen Menschen erhebt. Viele weiße Evangelikalen halten auch in den absurdesten Situationen zu Donald Trump, obwohl er nach christlicher Anschauung offensichtlich der Antichrist sein muss.

Natürlich sind auch Katholiken, Moslems, Protestanten, Juden, Hindi, und Buddhisten bigott, jeder auf seine Weise. Die Arroganz der Religionen, jede so bigott wie es nur geht.

Religionen führen zu Fanatismus, das ist bekannt. Obwohl es der Logik widerspricht, werden sie trotzdem praktiziert. Stellen Sie sich doch einfach einmal eine Welt ohne Religion vor. Auf Anhieb fällt mir nur eine Konsequenz ein: Frieden.

Wenn es nicht nur nicht diese menschlichen Eigenschaften wie Hass, Habgier, Eifersucht, Mordlust, oder Machtstreben gäbe. Die Liebe kann das nicht ganz aufwiegen. Eine komplizierte Situation. Mit oder ohne Religion.
Aber wenn schon Religion, dann bitte mit einem Gott für jede Gelegenheit, für die Liebe, die Hoffnung und den Hass, da weiß man dann, wo die Klage einzureichen ist.

Ich steige auf 41 aus und betrete die Suite Nummer 4. Der Blick auf die Stadt ist erstaunlich. Tokio zieht sich bis zum Horizont. Die Industrie ist im Lockdown, die Luft ist klar, man sieht in der Atmosphäre keine Partikel. Die Häuserlinien zeichnen sich deutlicher ab, als vor der Krise. Jede feine Schattierung, jedes Detail ist zu erkennen. Selbst die wenigen Menschen auf der Straße sind greifbar realistisch, nur von der Perspektive in die Ferne gerückt. Ein Mittag ohne Smog. 

Unter mir liegt das Finanzviertel mit seinen gläsernen Bauten. Dahinter ein Meer aus Hochhäusern, das sich endlos erstreckt. In den engen Wohnungen wird gestritten, geliebt und gelacht. Die Selbstmordrate ist hoch in Japan, man darf sich nicht darüber wundern. 

Ich krame das Päckchen von Kaito aus meiner Tasche und lese die Adresse:
2 Chome-4-1 Marunouchi, Chiyoda City, Tokyo 100-6390, Mr. Takeshi Kitano

Die Suite hat eine Bar, ich finde eine Flasche Whisky und gieße mir eine großes Glas ein.
Das Päckchen hat noch Zeit bis zum nächsten Tag.

über den Autor

Mathias Guthmann

Mathias Guthmann schreibt für kulinarische und literarische Zeitschriften und den Schachsport.
Seine Essays und Kurzgeschichten, Kritiken und Interviews haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert.

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