Es ist Corona-Zeit. Die Nachrichten berichten über nichts anderes.
Ich beschließe, einen Freund zu besuchen, um auf andere Gedanken zu kommen.
In der Straßenbahn setze ich den Kopfhörer auf und höre Bill Evans.
Frühlingsjazz, der Rhythmus bewegt sich wie eine Meereswelle durch das Gehirn.
Die rechte Hand des Pianisten streichelt sphärische Akkorde in den Raum, der trockene Bass spielt coole Riffs.
Der Schlagzeuger leistet perfekte Arbeit.
Der Fahrgast vor mir wechselt nervös zwischen den Sitzen und schreibt mit seinem Zeigefinger Sätze in die Luft. Er trägt ein helles T-Shirt, Jeans und teure Sneakers. Ich beobachte ihn schon eine ganze Weile.
Plötzlich beginnt eine lautstarke Diskussion zwischen diesem Fahrgast und einem Mitarbeiter der Bahngesellschaft.
Fahrgast, sehr laut: „Hallo, können sie mir sagen, wie spät es ist?“
Dabei blickt er den Kollegen von der Bahn provozierend an.
„Ich habe leider keine Uhr dabei“, antwortet der ganz ruhig.
„Ich muss wissen, wann diese Bahn an der Endstation ankommt, ich habe da einen wichtigen Termin“, schreit der Fahrgast nun so laut, dass jeder in der Straßenbahn es hören kann.
“Ich habe leider keine Uhr“.
„Ich frage nur freundlich nach der Zeit, weil ich einen wichtigen Termin habe und Sie interessiert das überhaupt nicht, typisch Deutschland, du Arschloch“, brüllt der Fahrgast, dabei überschlägt sich seine Stimme.
So geht das eine ganze Weile hin und her, immer lauter, immer hektischer, bis schließlich, an einer Haltestelle, einige andere Servicemitarbeiter einsteigen und den Mann beruhigen.
Die Nerven liegen überall blank.
Man sagt, dass diese Krise die schlimmste nach dem 2.Weltkrieg ist.
Viele Menschen werden auf einmal verrückt!
